LEHRZIELKATALOG PSYCHATRIE
FÜR DAS MEDIZINSTUDIUM
Vorschlag von Doz. Dr. G. Lenz
(mit Änderungen entsprechend den Vorschlägen der
Prüfungskommission vom 22.6.1995)
Einleitung und allgemeine Zielsetzung
Der Psychiatrie-Unterricht setzt eingehende Kenntnisse in verschiedenen Grundlagenwissenschaften wie Medizinischer Psychologie und Soziologie, Neuroanatomie und Neuropathologie, Neurophysiologie, Neurochemie und Neuropharmakologie und medizinischer Genetik voraus.
Für den Unterricht sind vor allem folgende übergeordneten Lehrziele zu berücksichtigen:
1.) Theorie und Praxis der psychiatrischen Untersuchung bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen mit besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der Arzt-Patient-Beziehung.
2.) Spezielle Krankheitslehre: Information über Epidemiologie, Ursachen,
Symptomatik, Diagnostik, Verlauf und Therapie psychiatrischer
Erkrankungen (mit Schwerpunktbildung auf die bei Patienten des
Praktischen Arztes am häufigsten vorkommenden Störungen)
einschließlich psychiatrischer Notfälle.
3.) Information über die wichtigsten psychiatrischen Therapieformen (biologische Therapieverfahren, Psychotherapie, Soziotherapie), sowie über psychiatrische Versorgungsstrukturen und Berufsgruppen in der Psychiatrie.
4.) Information über Rechtsvorschriften, die für Unterbringung, Behandlung und Beurteilung psychisch Kranker relevant sind.
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Spezielle Einzelziele
I. THEORIE UND PRAXIS DER PSYCHIATRISCHF-N UNTERSUCHUNG MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER ARZT-PATIENT-BEZIEHUNG:
1.) Anamneseerhebung unter Berücksichtigung von biologisch-somatischen, psychologischen und sozialen Gesichtspunkten
2.) Beachtung relevanter Aspekte der Arzt-Patient-Beziehung (gefühlsmäßige Einstellungen beim Arzt und ihre Auswirkungen auf Beurteilung und Behandlung des Patienten, gefühlsmäßige Einstellungen beim Patienten und ihr Einfluß auf das Erscheinungsbild der Erkrankung)
3.) Erstellung eines psychopathologischen Befundes
4.) Kenntnisse über häufig verwendete Selbstbeurteilungs- und Fremdbeurteilungsverfahren zur Erhebung des psychopathologischen Befundes, Standardisierte Interviews
5.) Kenntnisse über Zusatzbefunde in der Psychiatrie (Testpsychologischer Befund, EEG, Bildgebende Verfahren, Routine-Laborbefunde im Serum und Harn, Liquorbefund, Drogenbestimmung im Harn, Medikamentenspiegeluntersuchungen)
6.) Diagnostik in der Psychiatrie (Psychiatrische Syndromlehre, psychiatrische Klassifikationssysteme ICD-10)
II- SPEZIELLE KRANKHEITSLEHRE:
INFORMATION ÜBER PSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN (MIT SCHWERPUNKTBILDUNG AUF DIE BEI PATIENTEN DES PRAKTISCHEN ARZTES AM HÄUFIGSTEN VORKOMMENDEN STÖRUNGEN)
1.) Körperlich begrünbare psychische Störungen
a) Allgemeine Erscheinungsbilder: ,
Akute (reversible) organische Pychosyndrome
Chronische (irreversible) organische Psychosyndrome
Organische Wesensänderung und hirnlokales Psychosyndrom
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b) Spezielles zu den Ursachen und Erscheinungsbildern organischer psychischer Störungen:
Akute und chronische Intoxikationen
Alkoholbedingte Syndrome
Hirntraumatische Folgezustände
Hirnentzündungen
Hirntumoren
Primär degenerative Hirnerkrankungen
Zerebrovaskulär bedingte degenerative Hirnerkrankung
Hydrocephalus internus
Psychische Störungen bei Epilepsie
Metabolische, endokrine und sonstige symptomatische psychische Veränderungen
c) Therapie der körperlich begründbaren psychischen Störungen
2.) Schizophrene Störungen
Epidemiologie, multifaktorielle Entstehung, Symptomatik, Diagnostik,
Subtypen, Verlauf und Ausgang, Therapie (Psychopharmakotherapie, EKT,
Rehabilitation, Soziotherapie, Psychotherapie), rechtliche Beurteilung
3.) Affektive Störungen
Epidemiologie, multifaktorielle Entstehung, Symptomatik der Depression und der Manie, Mischbild/Mischzustand, Diagnose (Bipolare affektive Störung, rezidivierende depressive Störung, Zyklothymie, Dysthymie, rezidivierende kurze depressive Störung, SAD), Verlauf, Ausgang, Therapie (Psychopharmakatherapie, EKT, Lichttherapie, Schlafentzug, Psychotherapie), rechtliche Beurteilung
4.) Schizoaffektive Störungen
5.) Wahnerkrankungen
6.) Neurotische Störungen
Epidemiologie, psychoanalytische und lerntheoretisch-kognitive Modellvorstellungen, biologische und genetische Befunde, Symptomatik, Diagnostik, Verlauf und Therapie (Psychotherapie, medikamentöse Therapie) bei den einzelnen Krankheitsbildern (Panikstörung, generalisiertes Angstsyndrom, Agoraphobie, soziale Phobie) , spezifische Phobien,
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Zwangsstörung, Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) , Somatisierungsstörung, Neurasthenie
7.) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Symptomatik, Diagnostik und Therapie von akuten und chronischen
Belastungsreaktionen, posttraumatischen Belastungsstörungen und
Anpassungsstörungen
8.) Psychosomatische Störungen
a) Funktionelle Störung ohne Organläsion
b) Psychosomatische Störung mit Organläsion
c) Spezielle Störungen des Eßverhaltens Anorexia nervosa, Bulimie, Adipositas
9.) Persönlichkeitsstörungen
Überblick über klinische Erscheinungsbilder, Subklassifikation der
Persönlichkeitsstörungen in der ICD-10, Prinzipien der
Therapiemöglichkeiten
10.) Schlafstörungen
Insomnie/Hyposomnie, Hypersomnie, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafwandeln, Pavor nocturnus, Alpträume, Therapie bei Schlafstörungen
11.) Störungren im Sexualverhalten
Sexuelle Funktionsstörungen, Homosexualität, Sexuelle Deviationen
12.) Alkoholismus
Entstehungsbedingungen, Epidemiologie, Diagnostik, Typen und Stadien, körperliche psychische und soziale Folgen, Therapie und Prognose, Rechtliche Folgen
13. ) Nikotinabhängigkeit
14.) Medikamenten- und Drogenabhängigkeit
Hypnotika und Tranquilizer, Barbiturat-Alkohol-Typ der DrogenAbhängigkeit
Analgetica
Psychostimulanzien: Kokain, Weckamine, Designer-Drogen
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Cannabis und Halluzinogene
Morphin
Schnüffelsucht
Drogenabhängigkeit bei Jugendlichen
Entstehungsbedingungen, Häufigkeit, Therapie, Prävention, Rehabilitation
Sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
Pathologisches Spielen, Pathologische Brandstiftung (Pyromanie),
Pathologisches Stehlen (Kleptomanie)
16.) Geistige Behinderung
17.) Psychiatrische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
Organische Störungen, endogene Psychosen, Verhaltensstörungen/Neurosen
18.) Psychiatrische Erkrankungen im Alter
Hirnorganische Störungen, endogene Psychosen, neurotische und reaktive
Störungen
19.) Suizidalität
20.) Psychiatrische Notfälle
III.INFORMATION ÜBER DIE WICHTIGSTEN PSYCHIATRISCHEN THERAPIEFORMEN.
1.) BioloIische- somatische Therapieverfahren
a) Psychopharmakotherapie
b) EKT
c) Schlafentzug
d) Lichttherapie
2.) Psychotherapie
a) Allgemeine Psychotherapie:
Definition und Rahmenbedingungen/Werte und Ziele Psychotherapieforschung
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b) Spezielle Psychotherapie:
1. Von den Psychologien vom Menschen abgeleitete therapeutische
Schulen:
Tiefenpsychologie (Psychoanalyse, psychoanalytische Psychotherapie, Individualpsychologie, etc. )
Lerntheorie (Verhaltensmodifikation, Kognitive Therapie, Jacobson Entspannungstraining)
Humanistische Psychologie (klientenzentrierte Psychotherapie, Gestalttherapie, ete. )
Systenüsche Theorie (systemische Paar- und Familientherapie)
2. Psychotherapeutische Techniken:
Suggestion, Abreaktion, Manipulation, Klärung, Deutung
c) Besondere Anwendungen:
Kinder und Jugendliche
Psychotherapie bei Psychosen
"Expressive Psychotherapie" bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen Psychotherapie bei körperlich Kranken inkl. DSH (deliberate self harm)
3. Soziotherapie
IV. INFORMATION ÜBER RECHTSVORSCHRIFTEN, DIE FOR
UNTERBRINGUNG, BEHANDLUNG UND BEURTEILUNG PSYCHISCH
KRANKER RELEVANT SIND:
Unterbringungsgesetz, Sachwalterschaft, Einsicht in Krankenunterlagen, Fahrtüchtigkeit, Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit wegen seelischer Störungen, Geschäftsunfähigkeit.
Lehrzielkatalog Psychiatrie
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Hier der Explorationsleitfaden für Psychiatrie
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